Mitteldeutsche Zeitung vom 11.03.2002

Tragischer Verkehrsunfall 
Zwei Helfer lebensgefährlich verletzt 
Feuerwehrleute aus Schochwitz überfahren - Polizeiauto gerammt
Von Daniela Kainz

Saalkreis/MZ. Entsetzen in Schochwitz. Die kleine Saalkreis-Gemeinde bangt um das Leben eines 21-Jährigen. Beim einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr nach einem Verkehrsunfall auf der Harzstraße (L 159) am Abzweig Fienstedt wurde der junge Mann am Sonnabendnachmittag lebensgefährlich verletzt. Ein zweiter, 35-jähriger Feuerwehrmann erlitt schwere Verletzungen.

Die Schochwitzer Feuerwehr war ausgerückt, um nach dem Zusammenstoß zweier Pkw Hilfe zu leisten. An der Unfallstelle hatte sich ein Rückstau gebildet. Nach Augenzeugen-Berichten geschah dann Folgendes: Ein Opel-Fahrer aus Halle zog an den haltenden Fahrzeugen vorbei, missachtete sowohl die aufgestellten Warnkegel wie die Einsatzfahrzeuge. In rasantem Tempo überholte er die Kolonne und erfasste schließlich die im Kreuzungsbereich stehenden Feuerwehrleute.

Der 21-Jährige wurde durch den Aufprall vier Meter weit geschleudert und schlug auf dem Asphalt auf. Der Ältere versuchte sich durch einen Sprung zur Seite zu retten. Zum Stillstand kam der Opel erst, als er auf einen unbesetzten Streifenwagen prallte.

Laut Polizei erlitt der 40-jährige Fahrer des Unfallwagens leichte Verletzungen. Seine im Wagen sitzende Ehefrau und der zwölf Jahre alte Sohn zogen sich Prellungen zu. Dem 40-Jährigen wurde eine Blutprobe entnommen. Sprecherin Ulrike Diener zufolge wird mit einem Ergebnis der Untersuchung in einigen Tagen gerechnet.

Bei den beiden Unfällen im Minutenabstand wurden insgesamt fünf Menschen verletzt. Die Fahrer des ersten Crashs erlitten einen Schock.

Tragischer Unfall auf der Harzstraße 
Raser verletzt Helfer schwer
Zwei Feuerwehrleute aus Schochwitz umgefahren
Von Daniela Kainz

Schochwitz/MZ. Die Bilder von dem auf die Unfallstelle zurasenden Pkw - die wird der Schochwitzer Wehrleiter Jochen Rost wohl nie vergessen. Zwei seiner Kameraden wurden bei einem Einsatz am Sonnabend schwer verletzt - einer so sehr, dass er in Lebensgefahr schwebt. "Die Ärzte sagen, dass es schlecht um ihn bestellt ist", so der Oberbrandmeister. Mit Kameraden hatte er am Sonntag den anderen, am Bein verletzten Feuerwehrmann im Krankenhaus besucht.

Rost war tags zuvor gegen 14.15 Uhr mit drei Fahrzeugen und 23 Kameraden der freiwilligen Feuerwehr zu einem Verkehrsunfall auf die Harzstraße kurz hinter Salzmünde ausgerückt. Am Abzweig Fienstedt war es wegen eines Vorfahrtfehlers zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen gekommen. Ein Insasse sollte eingeklemmt worden sein. Die Meldung stellte sich vor Ort jedoch als falsch heraus. Beide Fahrer waren unverletzt, standen aber unter Schock.

Bei der Aufnahme des Unfalls und der Versorgung der Beteiligten geschah dann das schier Unfassbare. Ein Opel Astra raste aus Richtung Beesenstedt auf die Unfallstelle zu. Wehrleiter Rost: "Der Fahrer ignorierte den aufgestellten Warnkegel, die stehende Autokolonne und die Einsatzfahrzeuge." Nach Angaben der Polizei zog er an den acht wartenden Autos vorbei, wobei er einen 21-jährigen Feuerwehrmann umfuhr, der sich gerade mit dem Fahrer des ersten Pkw in der Autoschlange unterhielt. Der Schochwitzer wurde in die Luft geschleudert und schlug etwa vier Meter entfernt auf dem Asphalt auf. Er erlitt schwerste Kopfverletzungen. Auch danach fuhr der Opelfahrer weiter. Wehrleiter Rost erinnert sich, dass es ihm gerade noch gelang, einen zweiten Kameraden zu warnen, der sich auf der Kreuzung aufhielt. "Ich schrie, dass er sich in Sicherheit bringen sollte", so der Schochwitzer. Der 35-jährige Feuerwehrmann versuchte, sich mit einem Sprung in den Straßengraben zu retten. Allerdings konnte er dem Auto nicht ganz ausweichen und wurde am Bein verletzt. Der Opel kam erst zum Stillstand, nachdem er auf einen Streifenwagen prallte und dieses Fahrzeug noch mehrere Meter weiter schob. Mit dem Schrecken davon kamen zwei Polizeibeamte des Reviers Saalkreis, die das Auto eben erst verlassen hatten.

Der Unfallverursacher, ein 40 Jahre alter Hallenser, erlitt nach Aussagen von Polizeisprecherin Ulrike Diener leichte Verletzungen. Ihm sei eine Blutprobe entnommen worden. Das Ergebnis soll in einigen Tagen vorliegen. Seine im Wagen sitzende 38-jährige Ehefrau und der zwölf Jahre alte Sohn erlitten Prellungen. Sie kamen in ein Krankenhaus - genauso wie die beiden verletzten Feuerwehrleute.

Der Unfall auf der Harzstraße hatte ein Großaufgebot von Rettungskräften zur Folge. Mehr als 30 Kameraden der freiwilligen Feuerwehren aus Schochwitz, Pfützthal und Höhnstedt waren im Einsatz. Mit Hubschraubern wurden die Schwerverletzten abtransportiert.

Der Schock bei den Kameraden sitzt tief. Ein solches Unglück mussten sie in der fast 70-jährigen Geschichte der Wehr bislang nicht verkraften. Ihre Einsätze gingen für sie meistens ohne größere Verletzungen aus. Kaum einer der Feuerwehrleute fand in den letzten Stunden Schlaf. Im Versammlungsraum der Wehr, an dem die Kameraden am Unfalltag eigentlich den Geburtstag eines Freundes feiern wollten, trafen sie sich auch am Sonntag wieder. Sie saßen zusammen, um sich gegenseitig zu trösten und in Gedanken bei den Verletzten und ihren Angehörigen zu sein. Beide Unfallopfer zählen seit Jahren zum harten Kern der Truppe, bilden sich regelmäßig weiter, so auch am Sonnabend, kurz vor der Tragödie.

Wehrleiter Rost zog nach dem schrecklichen Vorfall Schlussfolgerungen: "Auch wenn wir uns nichts vorzuwerfen haben - wenn wir wieder rausfahren, wird die Unfallstelle komplett abgeriegelt - und zwar mit unseren Fahrzeugen. So etwas darf nicht wieder passieren." Kurz vor dem Unfall hatte er in einer Runde mit Innenminister Manfred Püchel in Teutschenthal auf die oft lebensgefährlichen Einsätze der Feuerwehr hingewiesen.